Kritik

„TransformMates“ am Theater Hagen

Juni 2020

Foto oben: Dirk Burghaus
Beitrag von: am 15.06.2020

Zwischen Masken und Mythologie

Seit dem 7. Juni zeigt das Lutz Hagen bis zum Ende der Spielzeit wieder Stücke aller Art. Dazu zählt auch „TransformMates“, das am 14.06.2020 Premiere feierte.

Beim Einlass gibt es wegen der Corona-Pandemie eine kleine Veränderung: Man wird nämlich zu seinem jeweiligen Platz begleitet und dort darf man dann seine Schutzmaske abnehmen. Von dort aus kann man bereits die drei Hauptcharaktere Luis, der Krieger (gespielt von Micha Baum), Nele, die Heilerin (gespielt von Anne Schröder) und Sam, das magische Wesen (gespielt von Tatiana Feldmann) beobachten. Sie alle sind auf der Bühne verteilt und spielen mit einer kleinen Feder. Sobald die Zuschauer ihren Platz eingenommen haben, ziehen sich Nele, Sam und Luis ihre Masken auf, das Licht geht an, und das Stück beginnt mit einer farbenfrohen Choreografie. Die drei 13-Jährigen „Freaks“ wie sie sich selbst nennen, haben sich vor einiger Zeit in dem vergessenen Theaterraum ihrer Schule kennengelernt, um nun ihrer gemeinsamen Leidenschaft, dem Videospielen, nachzugehen. Gemeinsam kämpfen sie gegen den Minotaurus in dem digitalen Adventure Game „TransformMates“.

Dieses basiert auf der Sage des sagenumwoben Ikarus, der auf seine Freiheit pocht. Die drei verwandeln sich in den Avatar Ikarus und versuchen gemeinsam mit ihm, die Freiheit zu erlangen. Außerhalb dieses Spiels haben die drei anfangs noch nicht sonderlich viel miteinander zu tun, doch nach und nach werden sie zu richtig guten Freunden, die sich alles erzählen. Über die schlagfertige und selbstbewusste Sam erfährt man durch eine Art Videotagebuch, dass sie gerne eine Koralle wäre. Sie erzählt, dass sie als einziges Mädchen unter ihren vier Brüdern aufgewachsen ist und sich daher auch eher wie ein Junge verhält, genau wie in der Sage der Iphis, welche auch aus der griechischen Mythologie stammt. Luis, der sonst sehr von sich überzeugte und ein wenig eingebildete Krieger, erzählt in einem fast schon schüchternen Ton, dass er seinen Vater kennenlernen will, denn dieser, ein Politiker, hat ihn und seine Mutter sitzen lassen und zahlt seiner Mutter nun ein monatliches „Schweigegeld“. Damit will er sich jedoch nicht zufriedengeben. Auch in diesem Fall findet Nele eine Parallele zwischen dem wahren Leben und der Mythologie, denn genau wie Luis will auch Phaeton seinen Vater kennenlernen. Nun erzählt auch die sonst sehr pfiffige Nele ihren Freunden was sie bedrückt, denn in ihrem Fall zeigt sie selbst eine Parallele zwischen ihrem Leben und der Sage Io. Nele lebt unter den wachsamen Augen ihrer strengen Mutter. Diese verlangt von ihr das sie eine perfekte, mittelmäßige Tochter sein soll, doch das fällt ihr schwer und nun will ihre Mutter auch noch mit ihr wegziehen. An dieser Stelle hatte ich Probleme dem Stück zu folgen, da man hier keine Parallele zwischen Neles Problem und dem von Io erkennen kann. Als sie nun bemerken, dass sie alle Probleme mit sich herum Tragen und jeder für sich versucht aus seinem ganz eignen Labyrinth herausfinden, wollen sie gemeinsam wie in ihrem vorigen Videospiel eine Lösung finden. Mithilfe ihrer besonderen Kräfte als Heilerin, Krieger und als magisches Wesen. Sie bemerken jedoch bald, dass sie ihre Probleme so nicht lösen können und feiern stattdessen eine Tanzparty mit ihren Freunden, die Sam schon lange geplant hat.

So endet das Stück genau wie es angefangen hat, mit einer bunten Tanzeinlage. Ich finde es ein wenig schade, dass das Stück doch recht abrupt geendet hat und die drei ihre eigenen Probleme doch nicht wirklich lösen konnten. Aber so hat es auch aufgezeigt, dass man nicht wirklich etwas gegen die Realität tun kann, außer den Moment mit seinen Liebsten zu genießen und das besten als „Freak“ dort rauszumachen. Die Masken der drei Darsteller waren meiner Meinung nach kein Störfaktor, sie haben viel mehr noch eine viel futuristische Atmosphäre geschaffen. Man hat die drei Darsteller jedoch an manchen Stellen ein wenig schlecht verstanden. Gut umgesetzt finde ich, dass das Bühnenbild aus verschiebbaren Traversen besteht und die drei sich ihre eigene Analoge als auch reale Welt selbst zusammenstellen können. Somit kommt sehr viel Bewegung in das Stück. Außerdem schafft, das Videotagebuch von Sam und das zusammen Spiel der vielen Lichter, der Musik und dem ständigen Kostümwechsel, über das ganze Stück hinweg eine überaus technische Atmosphäre. Meiner Ansicht nach hat Anja Schöne, Regisseuren des Lutz, aus den Werken Ovids Metamorphosen, ein aktuelles und zeitgemäßes Abenteuer kreiert. Wobei Parallelen zwischen der harten Realität und analogen Welt geschaffen werden. Dieses fantastische Stück sollte sowohl leidenschaftliche Gamer als auch nicht Gamer gefallen, denn wir alle suchen doch diesen einen Ort wo wir der Wirklichkeit und unseren Probleme entfliehen und einfach nochmal Kind sein können.

Xenia Joyce Ilge ist 16 Jahre alt und mit sehr viel Freude im Theaterclub im Stadttheater Hagen tätig. Für Schauspiel und Theater interessiert sie sich aber schon viel länger. Bereits als kleines Kind wollte sie Schauspielern werden und mehr über Theater und allem, was dazu gehört, erfahren.

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