mehrere Personen sitzen auf blauen Stühlen

Thema

Bundestreffen der Jugendclubs in Nürnberg

Komplexe Themen, klares Spiel und Bombenstücke: Dieses Jahr lud das Staatstheater Nürnberg zum Bundestreffen der Jugendclubs an Theatern ein. Gegenseitigen Support gab es beim Applaus, bei Nachgesprächen, beim Essen und in den Workshops.

Foto oben: Katrin Schander
Beitrag von: am 13.11.2025

Weimar und Bonn machen es mit, Oldenburg, Frankfurt und Herford machen es ohne. Was machen die?! Na, spielen, natürlich! Die ersteren mit Schuhen, die letzteren ohne! Herford trägt nicht mal Socken. Vielleicht auch besser so, weil sie so viel tanzen.

Aus den fünf genannten Städten kam jeweils eine Gruppe zum 34. Bundestreffen Jugendclubs an Theatern, kurz BTJT, nach Nürnberg ans Staatstheater. Sie konnten in einem Auswahlverfahren die neunköpfige Jury überzeugen. Aliena Wagner, die zum ersten Mal in der Jury saß, plaudert aus dem Nähkästchen: 20 der rund 30 Einsendungen wurden persönlich gesichtet, im Sommer gab es dann ein intensives Auswahlwochenende. Vom 6. bis 9. November wurden die erwählten Stücke nun in den Kammerspielen präsentiert.

Jugendclub des Oldenburgischen Staatstheater in „Erzähl mir keine Märchen“. Foto: Stephan Walzl

Und was für Bombenstücke: Komplexe soziale Themen, kreative Bühnenbilder, klares Spiel – die Jugendlichen dürfen auf keinen Fall unterschätzt werden. „Maschallah“ vom Jungen DNT Weimar thematisiert das Leben der Dichterin Mascha Kaléko. „Be rich or die trying“ vom Teen Ensemble des Theater Marabu Bonn spricht über Geld, über die, die es haben, und die, die es nicht haben. Der Jugendclub des Oldenburgischen Staatstheaters nimmt sich in „Erzähl mir keine Märchen“ die Geschichte Dornröschens vor, und verhandelt daran sexuelle Gewalt an Frauen. Zu Beginn ultra witzig rührte das Stück später viele im Publikum zu Tränen.

Teen Ensemble Marabu Bonn in „be rich or die trying“. Foto: Klaus Rosen

Das LöwenEnsemble des TheaterGrueneSosse Frankfurt hat sich selbst inszeniert, ohne Spielleitung. In ihrem Stück „Eintagsfliegen“ reihen sie schlaglichtartig Momente aneinander, die zur Jugend gehören: Sich lieben, sich hassen, Rauchen, ausgeschlossen werden, Gemeinschaft, Party, Zukunftsangst. „Lichtblicke“ kommt mit weniger Text aus, nutzt aber umso intensiver Musik und Bewegung. Der Spielclub der Manufactur Herford bebildert in seinen selbst choreografierten Tänzen Wut, Angst, gegenseitige Unterstützung und sprühende Lebensfreude. Gleichzeitig thematisieren die Spielenden den manchmal eigennützigen Umgang anderer mit ihren von Fluchterfahrungen geprägten Biografien.

Nach jeder Vorstellung sprangen die Jugendlichen aus ihren Sitzen, um sich gegenseitig zu beklatschen und zu feiern. Mit diesem gegenseitigen Support steckten sie auch externe Besucher:innen im Publikum an. Genauso begeistert hätten sie die vielen coolen Gespräche und die Möglichkeit, Gleichgesinnte in ihrem Alter zu treffen, meldeten die jungen Teilnehmenden am Ende des Festivals zurück. Sie könnten sich auf dem Festival „sicher, toleriert und akzeptiert“ fühlen.

manufactur Herford in „Lichtblicke“. Foto: Dave Grossmann

Was auch viele begeisterte: Der Song „Konsens ist hot“ vom Nürnberger Musik-Trio Die Arschlöcherinnen. Er war schon zum zweiten Mal der Soundtrack zum Awareness-Konzept eines Theaterfestivals für Jugendliche am Staatstheater. Neu war, dass der Bundesverband Theaterpädagogik einen interaktiven Online-Guide ausprobierte, um sein Awareness-Konzept zu präsentieren und gleichzeitig die Jugendlichen selbst zu befragen, was sie sich von einem solchen Konzept wünschen.

Die Vorstellungen verwoben sich mit intensiven Nachgesprächen zu den Stücken, einem Ausflug in die Kongresshalle und das Dokumentationszentrum in Nürnberg, Workshops – und essen musste man ja auch irgendwann. Nebenbei trafen sich die Jury-Mitglieder und Spielleitungen, um die Stücke und ihre Arbeit als Pädagog:innen zu reflektieren. Der Plan war eng getaktet, und am Ende stand ein gelungenes Festival, das alle müde, aber glücklich nach Hause schickte.

Junges DNT Weimar in „Maschallah“. Foto: Candy Welz

Dabei ist es nicht selbstverständlich, dass dieses Festival überhaupt stattfinden kann. Erst im vergangenen Jahr musste es ausfallen, weil sich kein Veranstaltungsort fand. Anja Sparberg, Leiterin der Theaterpädagogik in Nürnberg, erzählt, dass sich auch das Staatstheater zunächst die Verantwortlichkeit als Gastgeber mit einem anderen Theater teilen sollte. Letztendlich übernahm das Haus doch die gesamte Veranstaltung. Nicht alle Theater können einen solchen zeitlichen, personellen, strukturellen und finanziellen Aufwand stemmen. Ein Glück, dass für nächstes Jahr schon ein geeigneter Ort gefunden ist: Bis 2026 in Oldenburg!

 

Svenja Plannerer © HaiLights Photography

Die Autorin, geboren 1996, ist Psychologin, Autorin, Kulturjournalistin und sehr neugierig. Ihre letzten Abenteuer führten sie zur Buchbinderei und zur koreanischen Sprache, die sie gerade versucht zu lernen.